
Mal woanders
Wir verbringen nicht oft ein Wochenende woanders, daher wurde es mal wieder Zeit. Ich bekam ein paar Stunden „frei“ – dank Großmutter Langsam – und so machte ich mich auf den Weg Richtung Innenstadt, ein paar Besorgungen fielen an, die ich im Alltag einfach nicht zu erledigen schaffe. Als ich aber im Geschäft durch die Schaufensterscheibe sah, wie sich eine Demo gegen den Krieg zusammenfand, konnte ich mich einfach nicht mehr mit so Belanglosigkeiten wie Einkaufen beschäftigen und so lies ich mich durch die Stadt treiben. Eigentlich hatte ich noch vor, mir ein ruhiges Plätzchen in einem Cafe zu suchen und dort ein bisschen Zeit mit Jesus zu verbringen (das bedeutet für mich, meine Gedanken zu sammeln, ihn um Rat zu bitten, ggfl in der Bibel nach Antworten suchen und zu beten), aber irgendwas zog mich hinauf zum Schlosspark. Dort schreibe ich ein paar dieser Zeilen. Ich befinde mich gerade in der Stadt, in der ich aufwuchs. Ich bin nicht oft hier, deshalb ist ein Gang durch diese Stadt, wie ein Eintauchen in die Vergangenheit. Hier, der vertraute Weg zur Musikschule, dort haben wir als Jugendliche abgehangen und auf der Wiese dahinten kamen Papa und Mama Langsam zusammen. Gerade sitze ich auf der Bank, auf der ich als junges Mädchen meinen ersten Joint angeboten bekam. Keine Sorge, dem folgte keine schlimme Drogenkarriere, aber so ganz ohne war es eben auch nicht.
Moment, ich werde unterbrochen. Eine nette junge Dame und ein Mann fragen mich, ob ich kurz Zeit habe. Klar! (Naja so ganz begeistert war ich nicht, wollte ich doch meine Ruhe haben). Sie laden mich zum Gottesdienst am nächsten Tag ein. Sie sind Teil einer neugegründeten Gemeinde, die sich in den Räumlichkeiten trifft, in denen ich als Kind eine Weile biblischen Unterricht erhielt. Wir erkannten uns als „Geschwister“ im Glauben und solche Momente sind einfach immer schön, finde ich. Ein kleiner Kreis schließt sich hier auf dieser Bank, denn plötzlich werden die eher bedrückenden Gedanken an die Vergangenheit verdrängt, die Sonne kommt im wahrsten Sinn des Wortes raus, strahlt hell und wärmt mich. Ich laufe weiter und mir begegnen noch mehr Ermutigungen in diesen Straßen:
Ingesamt sehe ich fünf von diesen großen Plakaten von Bibel TV in der Stadt.
Cafe Königskind – ein Cafe extra für Eltern mit Kind – geführt von einer christlichen Gemeinde.
Dieses Bild ist ein paar Jahre alt, habe ich aber in einer ähnlichen Situation in dieser Stadt aufgenommen.
Ich mache mich auf den Rückweg, doch dank der miserablen Busanbindung darf ich eine kilometerlange Wanderung über Wiesen entlang eines plätschernden Baches genießen. Bei allerschönstem Sonnenschein darf ich so in die Gegenwart meines Herrn eintauchen und merke wie gut das tut. Keine große Andacht, kein großes Tun, einfach nur sein und den Herrn wirken lassen. Auf den letzten paar Metern kommt mir Papa Langsam auf seinem Klapprad entgegen. Ich war wohl 10 km gelaufen, hatte es gar nicht bemerkt…
Am nächsten Tag besuchten wir zwar nicht den Gottesdienst, in den ich eingeladen wurde, da er erst abends stattfand, aber wir besuchten eine andere Gemeinde. Es tut gut, mal etwas anderes zu hören und zu sehen. Ein amerikanischer Pastor sprach davon, Jesus nachzufolgen und die Lobpreisband sang „ Wen der Sohn befreit, der ist wirklich frei, ich bin Gottes Kind, ja sein Kind“. Mit dem Lied im Herzen und den guten Worten im Rücken fahren wir heim und hoffen, es klingt noch eine Weile nach und trägt Früchte.